Ein Unternehmen des Google-Konzerns setzt seit Mitte Juli in Kalifornien Millionen von Tigermücken frei. Da den Männchen das Bakterium Wolbachia eingepflanzt wurde, können bei der Paarung mit wilden Weibchen die Larven nicht überleben, erklärt eine Webseite zum Projekt. Man hoffe, die Zahl der Mücken und damit die Übertragung von Krankheiten, etwa des Zika-Virus, auf diesem Weg deutlich zu reduzieren. Insgesamt 20 Wochen lang will das Unternehmen Verily in Kooperation mit der zuständigen Behörde von Fresno jeweils eine Million Tigermückenmännchen fliegen lassen. Das sei die bisher größte Freisetzung dieser Art in den USA. Jeden Morgen fährt ein Spezialfahrzeug durch die beiden 1,2 Quadratmeter großen bewohnten Versuchsgebiete in der kalifornischen Stadt und lässt etwa 150.000 Wolbachia-Moskitos fliegen. Sie werden in riesigen Spezialgeräten von Verily hergestellt und nach Geschlecht sortiert. Um die Bevölkerung zu beruhigen, verweist die Behörde darauf, dass die Männchen der Aedes ägypti weder stechen noch Krankheiten übertragen. Im Jahr 2013 waren die ersten wilden Tigermücken im Tal von Fresno aufgetaucht, vermehrten sich rasant und plagten die Bevölkerung. Die wilden Exemplare der Aedes ägypti sind – anders als viele andere Insekten - normalerweise nicht mit dem Bakterium Wolbachia infiziert. Paart sich nun ein infiziertes Tigermückenmännchen mit einem Weibchen ohne das Bakterium, wächst aus den Eiern kein Nachwuchs. Denn Wolbachia-Bakterien leben in den Geschlechtsorganen ihrer Wirte und verändern dort die genetische Information. Daher wird das Vorgehen auch Sterile-Insekten-Technik SIT genannt. So soll sich die Insekten-Population verkleinern und damit seltener das Zika-Virus, Dengue- oder Chikungunya-Fieber übertragen. Das jedenfalls ist der Plan. Die amerikanische Umweltbehörde EPA hält die Aktion für ungefährlich. Umweltschützer warnen jedoch, die Folgen seien unabsehbar, wenn eine Tierart ausgerottet wird. Das sei ein schwerwiegender Eingriff ins gesamte Ökosystem. So könnte sich anstelle der Tigermücke eine andere Insektenart unkontrolliert vermehren, hieß es in einer Klage gegen ähnliche Versuche der britischen Firma Oxitec auf den Cayman Inseln. Die insektenzüchtenden Firmen erschlössen sich damit eine nie versiegende Einnahmequelle. Außerdem warfen die Umweltschützer Oxitec vor, die Überlebenschance der ausgesetzten Mücken zu verschweigen. Die liege bei 15-20 Prozent, wenn die Mücken Nahrung fänden, die das Antibiotikum Tetracyclin enthalte, wie etwa Hühnerfleisch. Trotzdem sollen auch auf den Cayman Inseln diesen Sommer mehr Tigermücken freigesetzt werden. Anders als Verily arbeitet Oxitec laut US-Sender npr allerdings mit einer gentechnischen Veränderung bei den Mückenmännchen, die die frisch geschlüpften Mücken innerhalb wenige Tage absterben lässt. Auch bei weiblichen Tigermücken soll Wolbachia übrigens nach einschlägigen Studien von Vorteil sein: Nach einem Bericht des österreichischen Senders ORF sollen sie dann das Dengue-Fieber schlechter übertragen. Versuche dazu laufen aktuell vor allem in Asien und Australien. [vef]Webseite der Bezirksbehörde Fresno zum Debug Fresno-Projekt 2017Verily Blog: Debug Fresno, our first U.S. field study (14.7.2017)Webseite der Bezirksbehörde Fresno zum Pilotprojekt "Sterile Insect Technique" 2016National public radio: To Shrink Mosquito Population, Scientists Are Releasing 20 Million Mosquitoes (21.7.2017)MIT Technology Review: Verily Robot Will Raise 20 Million Sterile Mosquitoes for Release in California (14.7.2017)United States Environmental Protection Agency: EPA Grants Extension of Experimental Use Permit for ‘Wolbachia Mosquito’ (21.9.2016)science.ORF.at: Denguefieber mit infizierten Mücken bekämpfen (2.6.2017)