EFSADie EU-Lebensmittelbehörde EFSA hat auf Bitte der EU-Kommission Kritierien vorgeschlagen, nach denen das Risiko von Pflanzen bewertet werden soll, die mit neuen gentechnischen Verfahren (NGT) hergestellt wurden. In ihrem Vorschlag schränkt die EFSA die bisher geltenden Anforderungen an die Risikoprüfung gentechnisch veränderter Pflanzen erheblich ein. In den meisten Fällen sollen unbeabsichtigte Effekte des gentechnischen Eingriffs gar nicht mehr untersucht werden. Statt dessen soll nur noch die geänderte Eigenschaft betrachtet werden. Die EU-Kommission stützt ihre Entscheidungen üblicherweise auf die wissenschaftliche Bewertung der EFSA. Daher ist es sehr wahrscheinlich, dass die jetzt vorgelegten EFSA-Kritierien eins zu eins in die Vorlage eingehen werden, mit dem die Kommission das EU-Gentechnikrecht deregulieren will. Mit ihrem Vorschlag bezieht sich die EFSA auf genomeditierte Pflanzen, bei denen mit Hilfe von NGT einzelne Gene abgeschaltet oder verändert werden. Die EFSA spricht dabei von gezielter Mutagenese. Ein Beispiel dafür wäre die in Großbritannien entwickelte Vitamin D-haltige Tomate. Ebenfalls einbezogen werden Pflanzen, denen mit NGT neue Gene hinzugefügt werden, die aus dem Genpool verwandter oder mit Hilfe biotechnischer Methoden kreuzbarer Arten stammen. Die EFSA spricht dabei von cisgenen oder intragenen Pflanzen. Ein Beispiel dafür wäre der Kulturapfel, in den Resistenzgene wilder Apfelsorten eingebaut werden. Ausgenommen von den EFSA-Kriterien sind lediglich transgene Pflanzen, denen völlig artfremdes Erbgut eingefügt wurde. Nur für sie soll die bisherige Risikobewertung des Gentechnikrechts weiter gelten. Für alle anderen Erzeugnisse von NGT sollen nur noch zwei Kriterien herangezogen werden. Zuerst würde geprüft, ob eine bisherige sichere Verwendung nachgewiesen werden kann. Das dürfte etwa für den resistenten Apfel gelten. Denn Pflanzenzüchter haben immer wieder Resistenzen gegen Schorf und andere Erkrankungen aus Wildäpfeln in Kultursorten eingekreuzt. Bei der Vitamin D-Tomate hingegen funktioniert dieser Ansatz nicht, denn es handelt sich um eine neue Eigenschaft. In solchen Fällen greift das zweite Kriterium, bei dem Struktur und Funktion der modifizierten DNA-Sequenz (Allel) bewertet werden. Dabei soll laut Efsa etwa berücksichtigt werden, „ob das neue Allel das Potenzial hat, ein Produkt zu erzeugen, das toxisch oder allergen sein könnte“. Völlig außen vor bleiben beim Ansatz der EFSA die vielfach nachgewiesenen unbeabsichtigten Effekte, die bei NGT sowohl an den Stellen des Eingriffs (on target) als auch an weit entfernten Stellen (off target) auftreten können. Das überrascht nicht, da die Gentechnik-Experten der EFSA bereits 2020 zu dem Schluss kamen, dass bei NGT weniger Off Target-Effekte aufträten als bei herkömmlicher Züchtung und deshalb „die Analyse potenzieller Off-Targets für die Risikobewertung von sehr begrenztem Wert wäre“. Eine Einschätzung, der gentechnikkritische Wissenschaftler:innen schon damals deutlich widersprachen. Das Institut Testbiotech weist in seiner aktuellen Stellungnahme zum EFSA-Vorschlag ebenfalls darauf hin, dass NGT-Verfahren „mit unbeabsichtigten genetischen Veränderungen einhergehen können, die sich deutlich von denen unterscheiden können, die aus bisheriger Züchtung zu erwarten sind“. Solche Unterschiede seien leicht zu übersehen, könnten aber schwerwiegende Konsequenzen haben. Bei der oben erwähnten Vitamin D -Tomate etwa könnte der Eingriff Inhaltsstoffe ungewollt verändert oder andere Stoffwechselwege gestört haben. Nach den EFSA-Kriterien müsste das nicht überprüft werden. Testbiotech verlangt deshalb von der EU-Kommission, den Vorschlag der EFSA zurückzuweisen. [lf]