Die südafrikanische Umweltorganisation African Center for Biodiversity (ACB) sprach von einem historischen Sieg und einem Präzedenzfall für künftige Gentechnikzulassungen. Denn das jetzt abgeschlossene Verfahren war das erste überhaupt, in dem die südafrikanische Justiz sich mit der Art und Weise befasste, mit der die Behörden in Südafrika bisher Zulassungen für den kommerziellen Anbau von Gentechnikpflanzen erteilten. ACB hatte darin argumentiert, dass die Genehmigungsbehörden die Behauptungen von Monsanto ungeprüft akzeptiert und es versäumt hätten, den Antrag unabhängig und kritisch zu prüfen. Das wäre aber notwendig gewesen, um die mit der Freisetzung von MON87460 verbundenen Gesundheits- und Sicherheitsrisiken angemessen berücksichtigen zu können. Zudem hätten die Behörden aufgrund der von ACB vorgelegten Sachverständigengutachten das Vorsorgeprinzip beachten und deshalb eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangen müssen, sowie ein Gutachten zu möglichen sozioökonomischen Folgen. Das südafrikanische Gentechnikrecht überlässt den Genehmigungsbehörden die Entscheidung, ob sie diese Unterlagen einfordern.
In seinem jetzt bestätigten Urteil war das Oberste Berufungsgericht der Argumentation von ACB gefolgt. Es ging ausführlich auf das Vorsorgeprinzip ein und zitierte dabei mehrere Entscheidungen des südafrikanischen Verfassungsgerichts. Demnach müssten Umweltbehörden das Vorsorgeprinzip anwenden, „wenn aufgrund fehlender wissenschaftlicher Erkenntnisse Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Auswirkungen des vorgeschlagenen Vorhabens besteht”. Dass solche Unsicherheiten bestehen, hätten die von ACB benannten Sachverständigen deutlich gemacht, so das Berufungsgericht. Es stellte zudem fest, die Behörden seien bei Gentechnikzulassungen gesetzlich verpflichtet abzuwägen, ob sie zusätzlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung verlangen müssten. Dies hätten sie aber nicht getan. Allein das genüge, um die Zulassung hinfällig zu machen.
Mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtes ging eine zehnjährige Auseinandersetzung zu Ende. Im Jahr 2015 ließen die zuständigen Behörden in Südafrika den Gentechmais MON87460 von Monsanto für den kommerziellen Anbau zu. Der Mais sollte in Dürreperioden bessere Erträge liefern als andere Sorten. ACB legte Beschwerde ein und klagte nach deren Zurückweisung 2017 gegen die Zulassung. Der High Court von Südafrika wies die Klage von ACB 2023 zurück, ließ aber eine Berufung zu. Das oberste Berufungsgericht gab im Oktober 2024 der Klage von ACB statt und kassierte die Zulassung von MON87460 ein. Dass dieses Urteil jetzt rechtskräftig wurde, sei wegweisend für Entscheidungsprozesse im Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Organismen (GVO), schrieb ACB. Damit werde „der automatischen Genehmigung von GVO ein Ende gesetzt und die Einhaltung der südafrikanischen Gesetze zu Umweltverträglichkeitsprüfungen vor der Freisetzung von GVO in die Umwelt sichergestellt“.
Wie der Infodienst Gentechnik bereits 2019 berichtet hatte, hatte die damals neue Landwirtschaftsministerin Thoko Didiza von der Partei ANC (Afrikanischer Nationalkongress) selbst festgestellt, dass das Trockentoleranzgen im MON87460 sich in der Praxis nicht bewährt. 2019 ging es allerdings um eine Maislinie, bei der auch noch andere Gene verändert worden waren. Da ihre Erträge bei Trockenheit teils sogar geringer waren als die konventionell gezüchteter Sorten, hatte das Agrarministerium dem MON87460 x MON89034 x NK603 die Anbauzulassung verweigert. Er sei für die Landwirte nutzlos, hieß es zur Begründung. Warum das Ministerium im Oktober 2024 trotzdem gegen die ablehnende Entscheidung des Obersten Berufungsgerichts Verfassungsbeschwerde einlegen wollte? Womöglich, weil der Agrarminister seit Juli 2024 John Steenhuisen heißt und Vorsitzender der wirtschaftsliberalen Partei Demokratische Allianz (DA) ist. [lf/vef]
