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Südafrika: Neue Gentechnik bleibt Gentechnik

Die südafrikanische Agrarministerin Thoko Didiza 2019 bei einer Pressekonferenz. Foto: GCIS https://lmy.de/OcLx, https://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/Die südafrikanische Landwirtschaftsministerin Thoko Didiza hat entschieden, dass neue gentechnische Verfahren (NGT) in der heimischen Landwirtschaft weiterhin dem Gentechnikrecht und seinen Zulassungsregeln unterliegen. Wie erst jetzt bekannt wurde, wies sie damit vor sechs Monaten Beschwerden der Agrarindustrielobby gegen eine frühere Entscheidung ihrer Gentechnikbehörde zurück. Für das afrikanische Zentrum für Biodiversität (ACB) ist das ein Wendepunkt für den ganzen Kontinent.

Der Einsatz von NGT bei Nutzpflanzen ist nicht nur in Europa ein Thema. Auch in Afrika drängen die Lobbyisten der Gentechnikkonzerne auf Gesetzesänderungen, damit NGT-Pflanzen ohne Zulassung und Risikoprüfung auf den Markt kommen können. Eine bedeutende Rolle kommt dabei Südafrika zu, weil das Land schon früh den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zuließ. Deshalb waren die NGT-Lobbyisten enttäuscht, als die südafrikanische Gentechnikbehörde Biosafety South Africa im Oktober 2021 eine Entscheidung verkündete: Der bestehende rechtliche Rahmen für die Risikobewertung von gentechnisch veränderten Organismen gilt auch für NGT. Einen Monat später legte ein Konsortium von Verbänden der Agrarindustrie, angeführt vom Agrardachverband AGBIZ (Agricultural Business Chamber of South Africa), Widerspruch gegen diese Entscheidung ein. Ein Berufungsausschuss gab den Beschwerdeführenden Recht und die Angelegenheit landete auf dem Schreibtisch von Landwirtschaftsministerin Thoko Didiza. Diese wies die Beschwerde abschließend zurück und bestätigte die Entscheidung ihrer Behörde.

Dieses Ergebnis vom August 2023 wurde erst öffentlich bekannt, als das African Centre for Biodiversity (ACB) durch eine Protokollnotiz auf den Vorgang aufmerksam wurde, nachhakte und die Entscheidung schließlich veröffentlichte. ACB-Geschäftsführerin Mariam Mayet lobte das Vorgehen der Ministerin als einen vorsorgeorientierten Ansatz und sah darin einen „Wendepunkt für den Kontinent, der mit einem starken Druck zur Einführung neuartiger Gentechniken konfrontiert ist“. Kenia, Ghana, Malawi und Nigeria hätten bereits Maßnahmen ergriffen, um diese Technologien nicht durch Gesetze zur biologischen Sicherheit zu regulieren. Die südafrikanische Entscheidung werde den Widerstand der dortigen Zivilgesellschaften gegen die Deregulierung stärken, argumentierte Mayet. In ihren Augen dienen NGT-Pflanzen als „koloniale Mechanismen, um Agrar- und Lebensmittelsysteme zu unterwandern und neue Märkte für industriell hergestelltes Saatgut in Konzernbesitz zu sichern und zu erobern“.

Afrika ist für Gentechnikkonzerne ein interessanter Markt. Bisher werden gentechnisch veränderte (gv) Pflanzen dort in elf Ländern angebaut. Nur sieben Staaten haben Gentechnikgesetze erlassen, um Importe und Anbau von gv-Pflanzen zu regulieren. Der gesetzliche Rahmen sei für die weitere Entwicklung der Technologien von entscheidender Bedeutung, hieß es auf einer Tagung, zu der die Gentechnik-Lobbyisten der Alliance for Science im August 2023 nach Kenia eingeladen hatten. Dort wurde die Regelung von Argentinien, das NGT von Gentechnikzulassungen ausgenommen hat, als Blaupause für afrikanische Länder vorgestellt. Die Teilnehmenden beklagten „Fehlinformationen“ der Öffentlichkeit und besprachen, wie ihr Anliegen am besten kommuniziert werden könne. Dazu sollten Informationen über die Vorteile der neuen Technologien immer auch mit passenden Ansätzen für die Regulierung verbunden werden, empfahl etwa Roy Mugiira, Leiter der kenianischen Gentechnikbehörde NBA. [lf]

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